Wissen, was im Lebensmittel steckt

Ab Dezember gilt eine neue EU-Verordnung zu Lebensmitteldaten: In Zukunft müssen Hersteller von Lebensmitteln die genauen Inhalte ihrer Produkte für den Handel zur Verfügung stellen. Innsbrucker Informatiker arbeiten daran, hier möglichst zuverlässige und genaue Angaben zu sichern: Gerade im Bereich von Allergenen ist die Datenqualität bedeutend.

Bis zu 50.000 Produkte finden sich, je nach Größe der Verkaufsfläche, in einem österreichischen Supermarkt. Ein großer Teil davon sind Lebensmittel – deren Inhalte müssen ab Dezember nach einer EU-Verordnung dem Konsumenten transparent gemacht werden. Die Händler müssen diese Daten damit an ihre Kundinnen und Kunden weitergeben können. Vor allem Allergikern ist dadurch geholfen: Sie können in Zukunft relativ problemlos sehen, ob in einem Produkt für sie gefährliche Stoffe enthalten sind. Um dieses Ziel der Transparenz effizient zu erreichen, können Produktionsbetriebe alle Lebensmittel, die sie herstellen – vom Milchprodukt über die verpackte Wurst bis zur Fertigsuppe –, erstmals in einer neuen elektronischen Datenbank festhalten. In einem ersten Schritt ist diese Datenbank für Lebensmittelhändler und auch für die Gastronomie und die Hotellerie zugänglich, in Zukunft sind aber auch Anwendungen für Endkunden denkbar – etwa Smartphone-Apps, die mittels eines Scans des Produkt-Strichcodes sofort alle Inhaltsstoffe anzeigen und vor jenen warnen, die Allergien oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten auslösen können.

Datenqualität zentral

Der Einkauf im Supermarkt soll für Konsumenten einfacher werden, besonders für Menschen mit Allergien und Unverträglichkeiten. Photo credit: Lyza (Source: Flickr)

Der Einkauf im Supermarkt soll für Konsumenten einfacher werden, besonders für Menschen mit Allergien und Unverträglichkeiten. Photo credit: Lyza (Source: Flickr)

Damit das alles reibungslos funktioniert, müssen die Daten auch stimmen – und vor allem müssen alle für das jeweilige Produkt wichtigen Daten auch erfasst werden. Bei dieser Datenqualität setzt die „Quality Engineering“-Arbeitsgruppe am Institut für Informatik um Prof. Ruth Breu an. „Derzeit werden viele dieser Daten per Hand in die Datenbank eingegeben, vor allem bei kleineren Produktionsbetrieben ist das so“, erklärt Alexandra Jäger. Sie arbeitet in der „Quality Engineering“-Gruppe an der Verbesserung der Produktdaten. „Ein Ziel ist dabei, möglichst automatisch fehlende und falsche Daten zu erkennen und zu markieren“, sagt sie.

Eine Basis dafür ist die automatische Zuordnung von Produkten in Produktgruppen. „Wenn im Produktnamen oder in der Bezeichnung etwa das Wort ‚Joghurt’ auftaucht, kann ich festlegen, dass ihm automatisch ‚Milchprodukte’ als Produktfamilie zugeordnet wird“, erklärt Alexandra Jäger. „Auf diesem Fundament können erste einfache Checks eingebaut werden. Beispielsweise müssen bei alkoholischen Getränken die Volumenprozente angegeben sein. Somit kann ich als Regel festlegen, dass dieses Feld keinesfalls leer sein darf, sobald ein Produkt als Alkohol definiert ist.“ Ein Ziel ist, auf dieser Basis weitere, komplexere Analysen zu definieren, die sich die Semantik der Daten zunutze machen, um die Datenqualität weiter zu verbessern.

Überprüfung erleichtert

Die Umsetzung dieser umfassenden Produktdatenbank mit der Bezeichnung „GS1 Sync“ übernimmt in Österreich das international tätige Unternehmen GS1 Austria. „Die Datenqualität ist ein zentraler Erfolgsfaktor von GS1 Sync und ein integraler Bestandteil dieses Services“, führt Manfred Piller, Bereichsleiter bei GS1 Austria, an. Derzeit prüft GS1 Austria die Angaben der Lebensmittel-Produzenten stichprobenartig auf Fehler und Ungenauigkeiten. „Unser System zielt auch darauf ab, diese Stichproben zuverlässiger zu machen – wir stellen fest, welche Datensätze ungenau oder unvollständig aussehen, so können Stichproben gezielter entnommen werden“, erklärt Ruth Breu. „Bei heiklen Daten etwa zu Allergenen und Auslösern von Unverträglichkeiten ist die Datenqualität natürlich eminent wichtig – wir sind uns sehr über die Bedeutung dieser Arbeit bewusst“, ergänzt sie. Die Grenzen der Datenbank sind nach oben hin offen, so können dort auch Daten, die die EU-Verordnung nicht ausdrücklich vorschreibt, gespeichert werden: Zum Beispiel ist jetzt schon vorgesehen, dass Hersteller ihre Großabnehmer durch Zusatzangaben wie die genaue Größe von Verpackungen beim Management ihrer Lagerflächen unterstützen und marketingrelevante Zusatzinformationen, etwa Bilder und Logos für den Online-Handel, zusätzlich über diese Datenbank zur Verfügung stellen können. Die Arbeit der Innsbrucker Informatikerinnen und Informatiker zur Verbesserung der Produktdatenqualität wird vollständig von GS1 Austria und MPreis finanziert, das Projekt ist im April 2014 gestartet und läuft insgesamt drei Jahre.

Hintergrund: Lebensmittel-Informationsverordnung

Die Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) der Europäischen Union wurde im Oktober 2011 beschlossen und gilt ab 13. Dezember 2014 verbindlich in allen Mitgliedsstaaten der EU. Die LMIV gilt für alle Lebensmittel, die für Verbraucherinnen und Verbraucher bestimmt sind, einschließlich allen Lebensmitteln, die in der Gastronomie verarbeitet werden. Für verpackte Lebensmittel muss eine ganze Reihe an Angaben nun verpflichtend zugänglich gemacht werden, darunter neben der genauen Bezeichnung des Lebensmittels ein Verzeichnis aller Zutaten, insbesondere auch jener Zutaten und Hilfsstoffe, die Allergien oder Lebensmittelunverträglichkeiten auslösen, die Füllmenge, Angaben zum Nährwert und einige weitere Punkte. Hintergrund ist die genauere und zuverlässigere Information über Inhaltsstoffe von Lebensmitteln insbesondere der Konsumentinnen und Konsumenten. Besondere Bedeutung hat dies im Online-Handel von Lebensmittel, wo diese Informationen vor Kaufabschluss den Konsumenten bereitgestellt werden müssen. Für Österreich neu an der LMIV ist die Verpflichtung für Produzenten, bestimmte Konsumenten-relevante Information zu ihren Produkten auch Vertriebspartnern aus dem Handel und der Gastronomie bereitzustellen; die Angabe auf der Verpackung für Konsumenten reicht nicht mehr.

*Source: Universität Innsbruck

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