Forscher der Universität Wien entwickeln neue Software für die Europäische Südsternwarte (ESO)

Kalibrierung astronomischer Beobachtungsdaten optimiert Datenreduktionspipeline

Ohne Kalibrierung können astronomische Beobachtungsdaten nicht wissenschaftlich ausgewertet werden. Forscher um Astrophysiker Werner Zeilinger und Mathematiker Hans Georg Feichtinger, beide Universität Wien, entwickelten im Auftrag der Europäischen Südsternwarte (ESO) spezielle Softwaremodule für eine weitgehend automatisierte Kalibrierung. Diese neue Software, die in Datenreduktionspipelines der ESO Anwendung finden wird, filtert erfolgreich und effizient Verzerrungen aus Bildern heraus, die im optischen und infraroten Wellenlängenbereich aufgenommen wurden.

Die aktuellen Forschungsgebiete der beobachtungsorientierten Astrophysik umfassen einen weiten Bereich von der Suche nach neuen Planetensystemen über das Studium von Schwarzen Löchern bis hin zur noch immer geheimnisvollen Dunklen Materie und Dunklen Energie. Viele grundlegend neue Erkenntnisse auf diesen Gebieten wurden durch bedeutende technologische Fortschritte im Bereich der Spiegelteleskope, Instrumentierung und Detektoren ermöglicht. Moderne Instrumente und großflächige Detektoren haben jedoch auch das Datenvolumen von astronomischen Beobachtungen dramatisch ansteigen lassen.

Der klare Himmel Chiles zeigt das rasch variierende rote und grüne Leuchten verschiedener Atome und Moleküle in den oberen Schichten der Erdatmosphäre. (Foto credit: ESO/Yuri Beletsky)

Der klare Himmel Chiles zeigt das rasch variierende rote und grüne Leuchten verschiedener Atome und Moleküle in den oberen Schichten der Erdatmosphäre. (Foto credit: ESO/Yuri Beletsky)

Kalibrierung von Beobachtungsdaten durch Datenreduktionspipeline

Astronomische Beobachtungsdaten enthalten nicht nur das Signal des astronomischen Objektes, sondern auch die Signaturen von vielen anderen Signalquellen. Dies sind zumeist Rauschquellen, hervorgerufen durch Turbulenzen in der Erdatmosphäre, elektronisches Detektorrauschen und andere Fehlerquellen. Die optischen Elemente von Teleskop und Instrument erzeugen unvermeidbare geometrische Verzerrungen in der registrierten Aufnahme. Voraussetzung, um Sternpositionen mit hoher Genauigkeit messen und mehrere Aufnahmen benachbarter Himmelsregionen zu einem Mosaik zusammensetzen zu können, ist, diese Verzerrungen zu korrigieren. Ein wichtiger Schritt bei der Auswertung der Beobachtungsdaten ist daher, die Störsignale zu eliminieren und die interessanten astronomischen Signale herauszuarbeiten. Bei den heutzutage anfallenden großen Datenmengen erfolgen diese Arbeitsschritte automatisiert im Rahmen einer sogenannten Datenreduktionspipeline. Die Europäische Südsternwarte ESO betreibt eine Vielzahl von Teleskopen, wobei jedes Instrument eine eigene spezifische Datenreduktionspipeline benötigt.

Spezielle Algorithmen von Astrophysik und Mathematik der Universität Wien

Ein Team um Werner Zeilinger vom Institut für Astrophysik der Universität Wien hat in Zusammenarbeit mit Hans Georg Feichtinger, Leiter der Numerical Harmonic Analysis Group an der Fakultät für Mathematik der Universität Wien, Softwaremodule entwickelt, die in den ESO-Datenreduktonspipelines Verwendung finden. Diese Module sind instrumentenunabhängig entwickelt worden und erlauben eine weitgehend automatisierte Kombination astronomischer Aufnahmen, die aus unterschiedlichen Beobachtungsepochen stammen. Dazu wurden spezielle Algorithmen entwickelt, um den Himmelshintergrund in den Datensätzen zu eliminieren und die Bilder geometrisch korrekt zusammenzusetzen. Diese Software kann für alle ESO-Instrumente im optischen und infraroten Wellenlängenbereich verwendet werden.

Weitere Projekte durch Kompetenz in Entwicklung von Kalibrierungssoftware

Die im Rahmen dieses Projektes gewonnenen Kompetenzen waren eine wichtige Komponente für die Mitgliedschaft der Universität Wien an drei internationalen Konsortien, die Instrumente für das European Extremely Large Telescope (E-ELT) bauen. Arbeitsgruppen am Institut für Astrophysik der Universität Wien sind an zwei Instrumenten beteiligt, die als “First-Light”-Instrumente 2025/26 am weltgrößten Teleskop eingesetzt werden; das dritte Projekt wird ein Instrument der zweiten Generation sein, bei dem die Designphase gerade begonnen hat. Bei all diesen Instrumenten zeichnet die Universität Wien für die Entwicklung der Kalibrierungssoftware und eines Instrumentensimulators verantwortlich. Über ein erfolgreiches Hochschulraumstrukturmittelprojekt konnte eine dreijährige Anbahnungsfinanzierung für diese Projekte realisiert werden.

Universitätsinterne Kooperation wird fortgesetzt

Die erfolgreiche universitätsinterne Kooperation zwischen dem Institut für Astrophysik und der Numerical Harmonic Analysis Group wird ebenso weiter geführt. Es ist geplant, gemeinsam mathematische Algorithmen zu entwickeln, die eine Reihe von Schlüsselaspekten in der astronomischen Datenanalyse behandeln, so z.B. die Verarbeitung von dreidimensionalen Datensätzen, die Entwicklung von Bilddekonvolutionsalgorithmen und Algorithmen zur Simulation von astronomischen Beobachtungen.

Beitrag des Mitgliedslands Österreich

ESO ist die führende internationale Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Sie betreibt im Namen ihrer fünfzehn Mitgliedsländer Teleskope an drei Standorten in Chile – La Silla, Paranal und Chajnantor. Gemeinsam mit internationalen Partnern baut sie außerdem ALMA, eine Antennenanlage für Submillimeter- und Millimeter-Astronomie  und entwickelt das European Extremely Large Telescope (E-ELT). Ein Teil der Beitrittsgebühr Österreichs wurde als Forschungsleistung eingebracht, die von den  Universitäten Innsbruck, Linz und Wien sowie dem Johann Radon Institute for Computational and Applied Mathematics der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ausgeführt wurde.

*Source: Universität Wien

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