Revolutionäre ALMA-Aufnahme enthüllt die Entstehung von Planeten

Diese neue Aufnahme von ALMA, dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array, zeigt außerordentlich feine Details, die nie zuvor in der protoplanetare Scheibe um einen jungen Stern beobachtet wurden. Dies sind die ersten Beobachtungen, bei denen die beinahe-Endkonfiguration von ALMA zum Einsatz kam; es sind die schärfsten Aufnahmen, die jemals im Submillimeterbereich gemacht wurden. Die neuen Ergebnisse sind ein großer Schritt nach vorne in der Beobachtung der Entwicklung protoplanetarer Scheiben und der Entstehung von Planeten.

Dies ist eine Kompositaufnahme des jungen Sterns HL Tauri und seiner Umgebung, die Daten von ALMA (vergrößerte Box oben rechts) und des NASA/ESA Hubble Space Telescopes (restliches Bild) verwendet. Es ist die erste Aufnahme von ALMA, in der die Schärfe des Bildes die normalerweise erreichte Schärfe des Hubble-Weltraumteleskops übertrifft. Image credit: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO), ESA/Hubble and NASA. Acknowledgement: Judy Schmidt

Dies ist eine Kompositaufnahme des jungen Sterns HL Tauri und seiner Umgebung, die Daten von ALMA (vergrößerte Box oben rechts) und des NASA/ESA Hubble Space Telescopes (restliches Bild) verwendet. Es ist die erste Aufnahme von ALMA, in der die Schärfe des Bildes die normalerweise erreichte Schärfe des Hubble-Weltraumteleskops übertrifft. Image credit: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO), ESA/Hubble and NASA. Acknowledgement: Judy Schmidt

Für die ersten Beobachtungen im neuen und gleichzeitig leistungsstärksten Betriebsmodus von ALMA richteten Forscher die Antennenschüsseln auf HL Tauri – einen jungen Stern, ungefähr 450 Lichtjahre von der Erde entfernt, der von einer Staubscheibe [1] umgeben ist. Das resultierende Bild übertrifft alle Erwartungen und zeigt unerwartet feine Details in der Materiescheibe, die von der Geburt des Sterns zurückgelassen wurde. Sichtbar sind eine Reihe konzentrischer heller Ringe, die von dunklen Lücken getrennt werden [2].

„Diese Merkmale sind höchstwahrscheinlich das Ergebnis junger planetenartiger Körper, die in der Scheibe gebildet werden. Das ist überraschend, da so junge Sterne eigentlich keine große planetaren Begleiter haben sollten, die in der Lage sind die Strukturen zu verursachen, die wir beobachten“, erläutert Stuartt Corder, stellvertretender Direktor von ALMA.

„Als wir die Aufnahme zum ersten Mal sahen, waren wir richtiggehend Sprachlos angesichts dieser unglaublichen Menge an Details. HL Tauri ist nicht mehr als eine Million Jahre alt, und trotzdem scheint seine Scheibe voll von entstehenden Planeten zu sein. Diese eine Aufnahme allein wird die Theorien zur Planetenentstehung revolutionieren“, ergänzt Cathrine Vlahakis, stellvertretende ALMA-Programm-Wissenschaftlerin und leitende Programm-Wissenschaftlerin der ALMA Long Baseline-Kampagne.

Dies ist das schärfste Bild, das jemals mit ALMA aufgenommen wurde - schärfer als mit dem NASA/ESA Hubble Space Telescope im sichtbaren Spektralbereich. Es zeigt die protoplanetare Scheibe, die den jungen Stern HL Tauri umgibt. Diese neuen Beobachtungen mit ALMA enthüllen Substrukturen innerhalb der Scheibe, die noch nie zuvor gesehen wurden, und zeigen selbst die möglichen Positionen von Planeten die sich in den dunklen Stellen des Systems bilden. In diesem Bild sind die Merkmale gekennzeichnet, die im HL Tauri-System zu sehen sind. Image credit: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)

Dies ist das schärfste Bild, das jemals mit ALMA aufgenommen wurde – schärfer als mit dem NASA/ESA Hubble Space Telescope im sichtbaren Spektralbereich. Es zeigt die protoplanetare Scheibe, die den jungen Stern HL Tauri umgibt. Diese neuen Beobachtungen mit ALMA enthüllen Substrukturen innerhalb der Scheibe, die noch nie zuvor gesehen wurden, und zeigen selbst die möglichen Positionen von Planeten die sich in den dunklen Stellen des Systems bilden. In diesem Bild sind die Merkmale gekennzeichnet, die im HL Tauri-System zu sehen sind. Image credit: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)

Die Scheibe von HL Tauri scheint sehr viel weiter entwickelt zu sein als man anhand des Alters des Systems erwarten würde. Daher deutet die Aufnahme von ALMA auch darauf hin, dass der Prozess der Planetenentstehung schneller abläuft als bisher angenommen.

So eine hohe Auflösung bietet nur der ALMA-Betriebsmodus mit langen Basislinien. Astronomen können so neue Informationen gewinnen, die unmöglich mit anderen Einrichtungen erreicht werden können – nicht einmal mit dem Hubble-Weltraumteleskop. “Logistik und Infrastruktur um die Antennenschüsseln in so großem Abstand präzise zu positionieren erfordern den Schulterschluss eines internationalen Expertenteams aus Ingenieuren und Wissenschaftlern“, erklärt ALMA-Direktor Pierre Cox. “Die langen Basislinien erfüllen eines von ALMAs Primärzielen und stellen damit einen eindrucksvollen technologischen, wissenschaftlichen und ingenieurtechnischen Meilenstein dar.”

Diese künstlerische Darstellung zeigt einen jungen Stern, der von einer protoplanetaren Scheibe umgeben ist, in der Planeten entstehen. Astronomen konnten mit der 15-Kilometer-Basislinie von ALMA die erste detaillierte Aufnahme einer protoplanetaren Scheibe anfertigen, die eine komplexe Struktur enthüllt. Konzentrische Kreise aus Gas mit Lücken, die Planetenentstehung andeuten, sind in der künstlerischen Darstellung zu sehen und wurden von Computersimulationen vorhergesagt. Jetzt wurden diese Strukturen von ALMA zum ersten Mal beobachtet. Image credit: ESO/L. Calçada

Diese künstlerische Darstellung zeigt einen jungen Stern, der von einer protoplanetaren Scheibe umgeben ist, in der Planeten entstehen. Astronomen konnten mit der 15-Kilometer-Basislinie von ALMA die erste detaillierte Aufnahme einer protoplanetaren Scheibe anfertigen, die eine komplexe Struktur enthüllt. Konzentrische Kreise aus Gas mit Lücken, die Planetenentstehung andeuten, sind in der künstlerischen Darstellung zu sehen und wurden von Computersimulationen vorhergesagt. Jetzt wurden diese Strukturen von ALMA zum ersten Mal beobachtet. Image credit: ESO/L. Calçada

Junge Sterne wie HL Tauri werden in Wolken aus Gas und feinem Staub geboren, in Gebieten, die unter dem Einfluss der Gravitation kollabiert sind, wodurch dichte, heiße Kerne entstehen, die sich letztendlich entzünden und zu jungen Sternen werden. Diese jungen Sterne sind anfänglich vom restlichen Gas und Staub umhüllt, der sich schließlich in einer Scheibe absetzt, die als protoplanetare Scheibe bezeichnet wird.

Durch viele Kollisionen bleiben die Staubteilchen aneinander haften und wachsen zu Klumpen von der Größe von Sandkörnern oder Kieselsteinen heran. Schlussendlich können sich Asteroiden, Kometen und sogar Planeten in der Scheibe bilden. Junge Planeten reißen die Scheibe auf und erzeugen Ringe, Spalten und Löcher wie die, die nun von ALMA beobachtet wurden [3].

Die Untersuchung dieser protoplanetaren Scheiben ist entscheidend für unser Verständnis von der Entstehung der Erde im Sonnensystem. Die Beobachtung der ersten Abschnitte der Planetenbildung um HL Tauri könnte uns zeigen, wie unser eigenes Planetensystem ausgesehen haben könnte, als es vor vier Milliarden Jahren entstanden ist.

„Das meiste, das wir heute über Planetenentstehung wissen, basiert auf Theorien. Für Bilder mit diesem Detailgrad wurde bis jetzt auf Computersimulationen oder künstlerische Darstellungen verwiesen. Dieses hochaufgelöste Bild von HL Tauri demonstriert, wozu ALMA in der Lage ist, wenn es in seiner größtmöglichen Konfiguration betrieben wird und läutet eine neue Ära in der Untersuchung der Stern- und Planetenentstehung ein“, schließt ESO-Generaldirektor Tim de Zeeuw.

Endnoten

[1] Seit September 2014 beobachtet ALMA das Universum mit seinen bislang längsten Basislinien, wobei die Antennenschüsseln bis zu 15 Kilometer voneinander entfernt sind. Dieaktuelle Long Baseline-Kampagne wird bis zum 1. Dezember 2014 andauern. Die Basislinie ist die Entfernung zwischen zwei Antennen der Anlage. Zum Vergleich: Andere Einrichtungen, die bei Wellenlängen im Millimeterbereich arbeiten, verfügen über Antennenschüsseln, die nicht mehr als zwei Kilometer auseinander liegen. Die höchstmögliche Basislinie von ALMA beträgt 16 Kilometer. Zukünftige Beobachtungen bei kürzeren Wellenlängen werden sogar noch schärfere Aufnahmen erreichen.

[2] Die Strukturen haben eine Auflösung von ungefähr 35 Millibogensekunden, was dem Fünffachen der Entfernung zwischen Erde und Sonne entspricht und ist damit besser als das was regelmäßig vom NASA/ESA Hubble Space Telescope erreicht wird.

[3] Im sichtbaren Spektralbereich ist HL Tauri hinter einem dichten Schleier aus Staub und Gas verborgen. ALMA beobachtet bei viel längeren Wellenlängen, wodurch es Prozesse beobachten kann, die genau im Kern der Wolke stattfinden.

*Source: ESO (European Southern Observatory)

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