„Einweg ist praktizierte Rohstoffverschwendung“

Interview mit Dr. Benjamin Bongardt, Leiter Ressourcenpolitik beim NABU

27. Dezember 2013Warum sind PET-Einwegflaschen und Dosen schlecht für die Umwelt? Die Hersteller von Einwegflaschen sagen doch, dass „null Müll“ anfällt, also Flaschen komplett recycelt und Dosen eingeschmolzen werden?

Die Umwelt profitiert nur dann, wenn wir die richtige Getränkeverpackungslösung auswählen und diese immer effizienter machen. Es ist durch das Dosenpfand zwar wirtschaftlich attraktiv, Einwegplastik und Dosen zu recyceln, mit aktivem Klima- und Umweltschutz hat das jedoch nicht viel zu tun. Jede Mehrwegflasche dagegen ersetzt bis zu 50 Einwegflaschen – und wird am Ende noch zusätzlich recycelt. Einweg steht daher für eine praktizierte Rohstoffverschwendung.

In Ökobilanzen, auch Lebensweganalyse genannt, werden die von den einzelnen Getränkeverpackungen verursachten Umweltschäden verglichen. Die Kennzahlen heißen dann Beitrag zum Treibhauseffekt, Sommersmog, Ressourcenbeanspruchung oder Wasserversauerung. Trotz Leerguttransport und Reinigung schneiden die Mehrwegflaschen am besten ab. Als „ökologisch vorteilhaft“ gelten außerdem Getränkekartons, Schlauchbeutel und Standbodenbeutel. Sie sind aber die berühmte Ausnahme von der Regel.

Benjamin Bongardt. Image credit: NABU.de

Benjamin Bongardt. Image credit: NABU.de

War die Einführung des Einweg-Pfandes falsch? Die Mehrwegquote ist seitdem weiter gesunken.

Tatsächlich hat die Einführung des Pflichtpfands ihr Ziel, die Mehrwegquote zu erhöhen, weit verfehlt. Mit einer aktuellen Merhwegquote von unter 50 Prozent – Tendenz weiter sinkend – liegt die Zielvorgabe der Bundesregierung von 80 Prozent in weiter Ferne. Immerhin hat das Pfand es einen wichtigen Beitrag gegen die Vermüllung von Städten und Natur geleistet. Inzwischen spielen Plastikflaschen beim sogenannten Littering, also dem Vermüllen zum Beispiel von Grünanlagen, kaum noch eine Rolle. Einen Negativeffekt hat das Pfand allerdings: Die Händler verkaufen den zurückgenommenen Einwegkunststoff für bis zu 400 Euro pro Tonne. Damit wird richtig Geld verdient und das macht Einwegflaschen für den Handel attraktiver als Mehrwegflaschen.

Wo genau liegen die Vorteile des Mehrweg-Systems?

Eine Mehrwegflasche aus PET-Kunststoff wird bis zu 25 Mal und eine Mehrwegflasche aus Glas bis zu 50 Mal wiederbefüllt, bevor sie ins Recycling geht – eine Einwegflasche, egal aus welchem Material, immer nur ein einziges Mal. Von der Herstellung bis zu Entsorgung und Recycling der Getränkeverpackungen ist ein hoher Energie- und Ressourcenaufwand nötig. Nutze ich eine Flasche nur einmal, werden natürliche Ressourcen unnötig verschwendet. Aber auch Mehrweg hat Schwächen: Wenn individuelle Flaschen von Nord- nach Süddeutschland sowohl befüllt, als auch leer transportiert sowie vorher sortiert werden müssen, ist das auch nicht sinnvoll. Nach wie vor gilt: Die beste Lösung um Ressourcen zu sparen und das Klima zu schützen sind Mehrwegflaschen aus der Region.

Wie will der NABU den Trend zur Einwegflasche wieder umkehren?

Nachdem das Pfand sein Lenkungswirkung verfehlt hat, fordert der NABU eine Umweltsteuer auf alle Getränkeverpackungen. Wir haben einen machbaren Steuervorschlag von Experten ausarbeiten lassen, die Politik muss ihn nur noch auf den Weg bringen. Besteuert würde das Verpackungsmaterial pro Gramm. Differenziert wäre der Steuersatz je nach der spezifischen Klimaschädlichkeit. Auf diese Weise schafft man ein Instrument, das eine häufig verwendete Mehrwegflasche mit zwei Cent belastet, einen Getränkekarton mit etwas mehr als drei Cent, Dose und Einwegflasche wegen ihrer schlechten Umweltbilanz deutlich teurer werden lässt. Diese Umweltabgabe würde Kreislaufwirtschafts- und Klimaschutzziele mit verantwortungsbewusster Marktwirtschaft verknüpfen und alle Beteiligten fair behandeln. Die Konsumenten können die finanzielle Belastung durch den Griff zum richtigen Packmittel sehr klein halten.

Als zweite Maßnahme brauchen wir eine klare Kennzeichnung von Einweg- und Mehrwegflaschen, die es den Verbrauchern erleichtert, die ökologisch bessere Wahl zu treffen. Wir haben ausgerechnet, dass dadurch jedes Jahr 400.000 Tonnen Kunststoff und 1,5 Millionen Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid eingespart werden können.

Das ist nun leider noch Zukunftsmusik. Was kann ich als Verbraucher in der aktuellen Situation tun?

Produkte aus der Region haben kürzere Transportwege. Das hat einen großen Einfluss auf die Ökobilanz. Regionale Angebote in Mehrwegflaschen sind am besten. Plastikmehrwegflaschen haben aufgrund des geringen Transportgewichts leichte Umweltvorteile gegenüber Mehrwegflaschen aus Glas. Auf Einwegflaschen und Dosen sollte man ganz verzichten. Dabei ist wichtig, dass Pfand nicht automatisch Mehrweg bedeutet. Ein Pfand von 25 Cent bedeutet in der Regel, dass nach einmal Benutzen Schluss ist. Bei Mineralwasser könnten Tonnen an Plastik gespart werden, wenn mehr Leitungswasser getrunken würde.

*Source: NABU.de

(Visited 74 times, 1 visits today)