Zahlreiche Fischarten setzen Lautäußerungen zur Kommunikation ein. Seepferdchen, die in Tierreich dafür bekannt sind, dass Väter mit dem Nachwuchs “schwanger” gehen und diesen in einem Brutbeutel herumtragen, werfen die Frage auf, wie sich diese seltene Rollenumkehr auf deren Kommunikationsverhalten auswirkt. Und siehe da: Auch in puncto Lautäußerungen tanzen die Seepferdchen aus der Reihe. Der Verhaltensbiologe Friedrich Ladich von der Universität Wien publiziert dazu im “Journal of Zoology”.
In einer internationalen Kooperation zwischen Tacyana Oliveira von der Universität von Paraίba in João Pessoa, Brasilien und Daniel Abed-Navandi vom Haus des Meeres konnten im Bioakustik-Labor des Departments für Verhaltensbiologie unter Federführung von Friedrich Ladich die Einzelheiten des Kommunikationssystem des Langschnäuzigen Seepferdchens (Hippocampus reidi) erforscht werden. Die Untersuchungstiere stammen aus dem Haus des Meeres, wo sie seit Jahren erfolgreich gezüchtet werden und jederzeit besichtigt werden können.
Wie sieht das Rufverhalten der Langschnäuzigen Seepferdchen aus?
Während der Balz, die in der Regel drei Tage dauert, erzeugen Männchen und Weibchen kurze, rund 20 Millisekunden dauernde, Impulse, so genannte “Balz-Klicks”, mit einer Hauptfrequenz von rund 370 Hertz. Diese Lautäußerungen unterscheiden sich weder in ihrer Anzahl noch in der Dauer oder Tonhöhe zwischen den Geschlechtern, sondern ausschließlich in der Lautstärke. Die Klicks der Männchen sind mehr als doppelt so laut wie die der Weibchen. “Dieses gemeinsame ‘Klicken’ dürfte dem Synchronisieren des Balzverhaltens und in weiterer Folge der erfolgreichen Übergabe der Eizellen in den Brutbeutel der Männchen dienen. Dafür spricht auch, dass die Klickrate beider Geschlechter am dritten Tag vor der Übergabe der Eizellen deutlich ansteigt”, meint Friedrich Ladich.
Die untersuchten Seepferdchen produzieren allerdings nicht nur Balzlaute, sondern äußern sich auch während des Beutefangs akustisch. Es handelt sich hierbei ebenfalls um Klicklaute, allerdings sind diese rund doppelt so laut wie die lautesten Balzlaute. Die Funktion der Futter-Klicks stellt ein Rätsel dar. Sie erhöhen nachweislich nicht den Erfolg beim Beutemachen und stellen somit ein Risiko dar, da die eher langsamen Tiere potentielle Beutegreifer (Räuber) auf sich aufmerksam machen. Eine Erklärung könnte sein, dass die Seepferchen mit dem Klicken möglichen PaarungspartnerInnen Futterquellen anzeigen.
Langschnäuzige Seepferdchen äußern noch einen dritten Lauttyp in anderen Situationen. Wenn sie gehalten werden und somit gestresst sind, geben sie einen Brumm-Laut von sich. Diese Lautäußerungen, die bislang noch nicht beschrieben wurden, können ununterbrochen mehrere Minuten produziert werden. Sie dienen wahrscheinlich dem Irritieren von Beutegreifern, damit diese von ihren Opfern wieder ablassen. Die Stresslaute sind mit rund 200 Hz tieferfrequent als die Klick-Laute, was auf einen zweiten Lautbildungsmechanismus hindeutet.
“Zwei verschiedene Organe zur Lautbildung, nämlich eines zur Produktion von tiefen und eines zur Produktion von hohen Tönen, sind bei Fischen die große Ausnahme”, so Friedrich Ladich. Während bekannt ist, dass die Seepferdchen mit einem Gelenk im Genick ihre Klick-Laute erzeugen, ist die Produktion der tiefen Brumm-Laute ungeklärt. Beim Langschnäuzigen Seepferdchen konnten jedenfalls keine Trommelmuskel in der vorliegenden Studie gefunden werden.
Wie die akustische Kommunikation bei Seepferdchen zeigt, sind die Weibchen einzelner Fischarten während der Balz akustisch weit aktiver als bislang angenommen.
Publikation im “Journal of Zoology”:
Oliveira TPR, Ladich F, Abed-Navandi D, Souto AS, Rosa IL (2014) Sounds produced by the longsnout seahorse: a study of their structure and functions. Journal of Zoology. In press.
DOI:10.1111/jzo.12160
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/jzo.12160/abstract
*Source: Universität Wien