Ein molekularer Schalter reguliert Anpassung des Stoffwechsels an Stress und Energiemangel
Die biochemischen Vorgänge des Stoffwechsels dienen dem Aufbau und dem Erhalt von Substanz in Organismen. In diesem Prozess spielt auch der Energieverbrauch eine erhebliche Rolle. Markus Teige, Biochemiker der Universität Wien, und sein Team haben in einer aktuellen Studie die Rolle des Proteins “bZIP63” in diesem Vorgang untersucht. Die Ergebnisse sind kürzlich im Fachmagazin “eLife” erschienen.
Alle Organismen müssen ihren Stoffwechsel ständig an sich ändernde Umweltbedingungen anpassen. Ein zentraler Punkt ist dabei, den Energieverbrauch mit den Erfordernissen von Wachstum und Reproduktion auf der einen Seite und mit Stressantworten auf der anderen Seite auszubalancieren. In allen höheren Organismen wird dieser Prozess durch eine Proteinkinase reguliert. Das ist ein Enzym, welches andere Proteine mit einer Phosphatgruppe modifiziert, was oft zu Änderungen in deren Aktivität führen kann. In Tieren wird diese Kinase durch das Stoffwechselprodukt AMP aktiviert – daher AMP-abhängige Kinase – welches unter Energiemangel gebildet wird. In Pflanzen wird ein äquivalentes (orthologes) Enzym, die SnRK1, ebenfalls unter Energiemangel (z.B. kein Zucker verfügbar) aktiviert.
Pflanzen regulieren den Stoffwechsel in Abhängigkeit der verfügbaren Energie – zum Beispiel in Form von Zucker – und stellen damit sicher, dass eine ausgewogene Balance zwischen Wachstum und Stressantwort hergestellt wird. Die SnRK1-Kinase kann in Pflanzen das Gleichgewicht auf zwei prinzipielle Arten erreichen: entweder durch eine direkte Regulierung (Phosphorylierung) von Enzymaktivitäten im Stoffwechsel oder durch eine Veränderung der Genexpression.
Es wurde schon länger spekuliert, dass SnRK1 die zweite Variante durch das Anhängen einer Phosphatgruppe an ein organisches Molekül, wie etwa ein Protein, erreicht, wodurch letztlich die Umsetzung der genetischen Information reguliert wird. Bislang war aber nicht klar, welche dieser Faktoren das sind. “SnRK1 funktioniert in der Zelle als Kinase, was bedeutet, dass sie Phosphatgruppen an andere Proteine hängen kann und diese dadurch in ihrer Aktivität regulieren”, erklärt Markus Teige, Biochemiker an der Universität Wien. Da diese Phosphatgruppen nicht nur relativ groß, sondern auch noch stark negativ geladen sind, kann so eine Modifizierung die Interaktion mit anderen Molekülen stark beeinflussen.
In ihrer aktuellen Studie haben WissenschafterInnen vom Department für Ökogenomik und Systembiologie der Universität Wien die Rolle von bZIP63 – ein Protein, das für die Transkription der genetischen Information von Bedeutung ist – während eines Energiemangels in der Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana) untersucht. Die Experimente haben gezeigt, dass das Protein hierfür ein wichtiger Schlüsselregulator ist. Dabei wird die Aktivität durch die SnRK1-Modifikation geregelt, welche bZIP63 an drei bestimmten Stellen abändert.
Dies verstärkt die Interaktion mit anderen bZIP-Faktoren und ändert die Genexpression und damit letztendlich den Stoffwechsel. “Pflanzen, in denen das bZIP63-Protein fehlt oder nicht übertragen werden kann, zeigen eine irreguläre Reaktion auf Energiemangel”, erklärt Teige. So bleiben diese etwa nach mehreren Tagen in der Dunkelheit grün – im Gegensatz zu “normalen” (also typischen Wildpflanzen), die unter diesen Bedingungen vergilben. Im Gegensatz dazu führt Energiemangel bei Pflanzen, die mehr bZIP63-Protein enthalten, zu einer schnelleren Vergilbung unter Energiemangel, die aber durch Zugabe von Zucker wieder aufgehoben werden kann. “Diese bZIP-Proteine kommen ebenso in Tieren vor und es wird eine der zukünftigen Herausforderungen sein festzustellen, ob sie dort die gleiche Rolle in der Stressanpassung spielen”, so Teige abschließend.
Publikation in “eLife”:
Mair A, Pedrotti L, Wurzinger B, Anrather D, Simeunovic A, Weiste C, Valerio C, Dietrich K, Kirchler T, Nägele T, Vicente Carbajosa J, Hanson J, Baena-González E, Chaban C, Weckwerth W, Dröge-Laser W, Teige M. (2015) SnRK1-triggered switch of bZIP63 dimerization mediates the low-energy response in plants. Elife. 4. DOI: 10.7554/eLife.05828.
*Source: Universität Wien