Tag Archives: krieg

Lied des Glaubens, Lied der Schlachtfelder

Michael Fischer hat untersucht, wie Martin Luthers berühmtester Choral im Ersten Weltkrieg für Propaganda missbraucht wurde

Ein Lied und seine Facetten: Im frühen 16. Jahrhundert verfasst Martin Luther den Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“, der zu den wirkmächtigsten Gesängen der deutschen Geschichte zählt. Schon in der Frühen Neuzeit gilt das Lied als konfessionelles Bekenntnis und entwickelt sich zu einem Identitätssignal des Protestantismus. Doch wie verändert sich die Bedeutung des Gesangs im Laufe der vergangenen Jahrhunderte? Dr. Dr. Michael Fischer, Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Populäre Kultur und Musik (ZPKM) der Universität Freiburg, hat die Rezeptionsgeschichte des Kirchenlieds erforscht. Der Choral habe sich vor allem im Ersten Weltkrieg zu einem verbreiteten Propagandainstrument entwickelt: „Aus heutiger Sicht ist es unerträglich, welchen ungestörten Dreiklang Religion, Nation und Krieg gebildet haben“, sagt Fischer. „Martin Luther, der ein Glaubens- und Vertrauenslied dichten wollte, hätte sich wohl geschämt.“ (more…)

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Vom „Augusterlebnis“ in die Katastrophe

Am 28. Juli 1914 erklärte Österreich-Ungarn Serbien den Krieg, bald darauf bekämpft sich halb Europa. Die Historikerin Gunda Barth-Scalmani erforscht die ersten Kriegsmonate in Innsbruck. Aus dem kurzen Sommerkrieg sollten vier Jahre werden: Die Kriegsbegeisterung im Sommer 1914 war allerdings gar nicht so flächendeckend, wie häufig immer noch berichtet wird.

Ein kurzer Sommerkrieg sollte es werden, zu Weihnachten spätestens seien die Soldaten wieder zurück: Diese Eindrücke vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs sind auch heute noch allgegenwärtig. Dazu gehört auch die vermeintliche und mit entsprechenden zeitgenössischen Fotos illustrierte große Freude in der Bevölkerung über den Krieg. „Dieses ‚Augusterlebnis’, die große Freude, hält sich sehr zäh und wird etwa auch durch Schulbücher und in Medien immer wieder erneuert und weitergetragen. In Wahrheit war die Stimmung in der Bevölkerung schon zu Kriegsausbruch nicht uneingeschränkt freudig“, sagt die Historikerin Prof. Gunda Barth-Scalmani, die die Stimmung im Sommer 1914 von der Ermordung des k.u.k. Thronfolgers Franz Ferdinand in Sarajevo bis in die ersten Kriegsmonate insbesondere im Raum Innsbruck anhand von Zeitungsquellen und Tagebucheinträgen untersucht. (more…)

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