Mit Druck zu neuer Substanz

In einem Hochdruck­experiment haben Innsbrucker Chemiker um Hubert Huppertz den Weg zu einer neuen Substanz­klasse eröffnet. Es ist ihnen erstmals gelungen, ein Borat mit Übergangs­metall­clustern in der Kristall­struktur herzustellen. Die Arbeit schaffte es auf die Titelseite des Fach­magazins Angewandte Chemie.

Die Studierenden lernen es bereits im ersten Semester: In der Festkörperchemie lässt sich anhand der Summenformel, die Art und Anzahl der Atome einer chemischen Verbindung angibt, nur sehr schwer auf die Struktur und damit auf die Eigenschaften einer Verbindung schließen. Will man – wie das Team um Hubert Huppertz vom Institut für Allgemeine, Anorganische und Theoretische Chemie – neue Stoffe herstellen, kann man dies nur auf experimentellem Weg tun. „Wenn wir neue Gebiete der Festkörperchemie erkunden wollen, ist es fast unmöglich dies anhand von theoretischen Modellen zu tun“, sagt der Chemiker. „Wir müssen im Experiment immer neue Versuche unternehmen und uns langsam voran tasten.“ Und dabei kommt es auch immer wieder zu Überraschungen.

Hubert Huppertz (li.) und Martin Schmitt (re.) mit einem Modell der Hochdruckpresse im Vordergrund. (Image credit: Uni Innsbruck)

Hubert Huppertz (li.) und Martin Schmitt (re.) mit einem Modell der Hochdruckpresse im Vordergrund. (Image credit: Uni Innsbruck)

Wir haben etwas ganz Anderes erwartet”, schildert Hubert Huppertz die Entstehung der aktuellen Arbeit, die es auf die Titelseite der renommierten Fachzeitschrift Angewandte Chemie geschafft hat. Am Ende konnten die Forscher um Huppertz eine völlig neue Verbindung synthetisieren, die das Tor zu einem neuen Forschungsfeld geöffnet hat. Den Innsbrucker Chemikern ist es erstmals gelungen, ein Borat herzustellen, das in der Kristallstruktur Übergangsmetallcluster enthält. Damit konnten die Forscher zwei große Felder der Chemie, die Boratchemie und Metallcluster, miteinander verbinden.

Kristallstruktur von Mo2B4O9. (Foto credit: Uni Innsbruck)

Kristallstruktur von Mo2B4O9. (Foto credit: Uni Innsbruck)

Darauf gestoßen sind die Wissenschaftler eigentlich durch ein Missgeschick: In einem Experiment hatten Teile der untersuchten Substanz mit der Kapselwand reagiert. „Dabei entstand eine sehr geringe Menge der neuen Verbindung“, erzählt Erstautor Martin Schmitt. „Wir fanden dann eine Möglichkeit, diese Reaktion gezielt auszulösen und so den entscheidenden Trick für die Synthese dieses neuen Materials.“ In aufwändigen Analysen in Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Kooperationspartnern charakterisierte Schmitt die Verbindung und bestimmte deren Struktur. „Wir wollen diesen Zugang nun auch mit anderen Verbindungen testen und so weiter in dieses neue Forschungsgebiet vordringen“, blickt Hubert Huppertz bereits in die Zukunft.

Die an der Universität Innsbruck untersuchten Borate finden großes Interesse sowohl in der akademischen Forschung als auch in der Industrie. Rund 2.000 Verbindungen sind heute bereits bekannt, einige davon werden zum Beispiel in Düngemitteln, Waschmitteln und für die Herstellung von Laborgläsern und Leuchtstoffen verwendet.

*Source: Universität Innsbruck

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