Hit oder peinlich? Kasseler Musikwissenschaftler findet Erfolgsfaktoren humorvoller Lieder

Ein Musikwissenschaftler der Uni Kassel hat ein Erklärungsmodell aus der Psychologie auf die Rezeption lustiger Lieder angewandt. Ergebnis: Ob ein Publikum ein komisch gemeintes Lied als lustig empfindet, hängt maßgeblich vom besten Gag innerhalb des Liedes sowie einer geschickten Platzierung lustiger Elemente am Ende des Liedes ab. Darüber hinaus hat der Musikwissenschaftler weitere Erfolgsfaktoren identifiziert.

Dr. Hendrik Neubauer hat für seine Studie 104 Probanden zu klavierbegleiteten Liedern von Mike Krüger, Helge Schneider und Rainald Grebe befragt. Die Ergebnisse sind Teil seiner Dissertation, die voraussichtlich im August 2016 erscheint. Um herauszufinden, an welcher Stelle im Lied die Gags der Humoristen am besten wirken, hat Neubauer unter anderem die aus der Psychologie bekannte „Peak-end rule“ auf die Musikwissenschaft übertragen. Diese Regel greift dort etwa bei dem Verhältnis zwischen einer kontinuierlichen und der nachträglichen emotionalen Bewertung von Erlebnissen.

Dr. Hendrik Neubauer. Foto credit: Uni Kassel

Dr. Hendrik Neubauer. Foto credit: Uni Kassel

Neubauer erklärt: „Wie lustig wir ein Lied im Rückblick finden, hängt mit dem Mittelwert aus dem lustigsten Moment im Liedverlauf (peak) und dem letzten Gag des Liedes (end) zusammen.“ Neubauer weiter: „Je höher dieser Mittelwert, desto höher fällt die nachträgliche Beurteilung der Humorempfindungsstärke aus. Wir finden das Lied also besonders lustig.“ Bei einem niedrigen Peak-end-Mittelwert falle die nachträgliche Beurteilung des Humors im Lied entsprechend schwächer aus.

Bei manchen Künstlern hat laut Neubauer außerdem die Präsentation des Stückes einen großen Einfluss darauf, wie es aufgenommen wird. Zuhörer, die ein Lied als bloße Audio-Aufnahme gehört haben, haben es als weit weniger lustig empfunden als Rezipienten, die das Lied gehört und gleichzeitig die Darbietung des Humoristen am Bildschirm verfolgt haben. Die Humorempfindung ist also abhängig von der gelungenen oder misslungenen Qualität der gesamten Bühnenperformance.

So verhält es sich zum Beispiel bei dem Lied „Fink & Zeisig“ von Helge Schneider. Die bloße akustische Präsentation von „Fink & Zeisig“ hat bei den Versuchspersonen im Gegensatz zur audiovisuellen Darbietung teilweise sogar negative Emotionen ausgelöst. Als „Humorekel“ hat Neubauer die Empfindung definiert, wenn ein Witz zwar erkannt, aber vom Zuhörer als unpassend empfunden wird. Anders verhält es sich bei dem Lied „Marie France“ von Mike Krüger. Dieses Stück lebt besonders vom Text – wird also auch ohne visuelle Unterstützung als humorvoll empfunden. Hier wurde beispielsweise der tragikomische Moment im Lied am besten bewertet.

Alle untersuchten Lieder wurden von den männlichen Versuchspersonen tendenziell als lustiger bewertet als von den teilnehmenden Frauen.

„Für die Untersuchung im Labor habe ich drei Gruppen gebildet, deren Mitgliedern ich jeweils nur die Studioversion, den akustischen Livemitschnitt oder das Live-Video gezeigt habe“, so Neubauer. „Zwar ist die Anzahl der Lieder, die bewertet wurden, relativ gering, dennoch ist das Untersuchungsergebnis vermutlich auch auf andere humoristische Lieder übertragbar.“

*Source: Universität Kassel

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