Die Eisriesenwelt-Eishöhle in Salzburg ist nicht nur eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Österreichs, sie gilt auch als eine der größten Eishöhlen der Welt. Seit mehreren Jahren führt der Innsbrucker Geologe Christoph Spötl dort bereits Untersuchungen durch.
Nun ist es erstmals anhand von speziellen mineralischen Einschlüssen gelungen, das Alter des Eises zu bestimmen. Diese Daten bieten wertvolle Einblicke in die Klimageschichte der Alpen und wurden im renommierten Fachmagazin Scientific Reports veröffentlicht.
In der Eisriesenwelt finden sich beeindruckende Eisformationen, darunter Eisstalagmiten und Eisstalaktiten, aber auch viele Meter dickes Bodeneis. Insgesamt umfasst das Höhlensystem eine Gesamtlänge von etwa 40 Kilometern, ein kleiner Teil davon ist im Rahmen von Führungen für Besucher:innen zugänglich und zehntausende Interessierte aus aller Welt nutzen diese Möglichkeit jedes Jahr. Die Eishöhle ist aber auch seit vielen Jahren Schauplatz geologischer Forschungsarbeiten: „Das Eis in alpinen Eishöhlen ist ein wertvolles Umwelt- und Klimaarchiv, da es sich über Jahrhunderte oder gar Jahrtausende gebildet hat und somit Aufschluss über die langfristigen klimatischen Veränderungen außerhalb der Höhle erlauben. Die Altersbestimmung dieser Eisschichten ist allerdings mit großen Herausforderungen verbunden, da dieses Eis sehr rein ist und eine konventionelle Altersbestimmung anhand von organischen Einschlüssen wie Nadeln oder Blättern kaum möglich ist“, erklärt Christoph Spötl, Leiter der Arbeitsgruppe für Quartärforschung am Institut für Geologie und Hauptautor der Studie. Die Basis für die Analysen des Teams lieferten winzige, unscheinbare Kristalle, so genannte kryogene Höhlenkarbonate – auch CCC (cryogenic cave carbonates) genannt, die sich in Eishöhlen bei Temperaturen knapp unter dem Nullpunkt bilden. Um die Chronologie der Eisschichten zu ermitteln, untersuchten die Forscher:innen im Eis eingeschlossene CCC mittels Radiokarbon- und Uran-Thorium-Datierungen.
3000 Jahre altes Eis
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass das Eis in den inneren Bereichen der Eisriesenwelt über die letzten drei Jahrtausende hinweg entstanden ist. Noch älteres Eis wurde zwar nicht gefunden, seine Existenz ist aber nicht ausgeschlossen. Eine deutliche Zunahme der Eisbildung lässt sich laut den Forscher:innen im 13. Jahrhundert feststellen, was mit dem Beginn der so genannten Kleinen Eiszeit zusammenfällt. Daten aus einem Eisbereich näher am Höhleneingang deuten zudem darauf hin, dass große Teile der Höhle während der Hochmittelalterlichen Warmzeit eisfrei waren. Ein wesentlicher Teil des heutigen Eises könnte daher ein Überbleibsel der Kleinen Eiszeit sein. „Unsere Untersuchungen legen nahe, dass die gegenwärtige Klimaerwärmung bereits tiefer in die Höhle vorgedrungen ist als während der Hochmittelalterlichen Warmzeit, und das obwohl der sommerliche Luftaustausch zwischen Höhle und Außenluft durch eine Türe am Höhleneingang stark reduziert wird“, erklärt Spötl. „Diese Erkenntnisse sind entscheidend, um die längerfristige Widerstandsfähigkeit dieser bedeutenden Eishöhle im Kontext des Klimawandels zu beurteilen.“ Generell betont das Forscher:innen-Team, dass der Forschungsbedarf in Bezug auf Daten aus Eishöhlen – und die Österreichischen Alpen haben mit die größten Eishöhlen weltweit – noch groß ist. Die Zeit drängt, da die meisten Eishöhlen, ähnlich wie die Gletscher, am Schwinden sind.
Publikation:
Spötl, C., Fohlmeister, J., Reimer, P. et al. First insights into the age of the giant ice deposits in the Eisriesenwelt cave (Austria). Sci Rep 14, 11001 (2024). https://doi.org/10.1038/s41598-024-61668-1
*Source: Universität Innsbruck