Giraffen: Gleich und gleich gesellt sich gern

2016 wurden quasi über Nacht aus einer Giraffen-Art plötzlich vier. Neue, noch umfangreichere genetische Tests von Senckenberg-Wissenschaftlern zeigen jetzt, dass sich die vier als eigene Arten identifizierten Giraffen-Populationen trotz teils benachbarter Lebensräume praktisch nie untereinander paaren.

Die verschwindende Anzahl an Hybriden sei ein weiterer Beleg, dass es sich bei Süd-, Massai-, Netz- und Nord-Giraffe um eigenständige Arten handelt, berichtet das Team soeben in der Titelgeschichte von „Ecology and Evolution“. Dem Befund angepasste Schutzmaßnahmen seien daher vonnöten.

Eine Netzgiraffe (G. reticulata) im Samburu National Reserve in Kenia. Image copyright: Julian Fennessy

Eine Netzgiraffe (G. reticulata) im Samburu National Reserve in Kenia. Image copyright: Julian Fennessy

2016 hieß es „aus eins mach vier“: Ihr Erbgut hatte verraten, dass Süd-, Massai-, Netz- und Nord-Giraffe alles andere als eine einzige Giraffen-Art sind, wie ein Team des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums und der Giraffe Conservation Foundation belegte. Ganz vom Tisch ist die Sache noch nicht, denn Experten sind immer noch uneins, wieviele einzelne Giraffenarten es anzuerkennen und daher zu schützen gilt. Die Frankfurter Forscher haben daher die Giraffen genauer daraufhin untersucht, wie oft sich die vier Arten paaren.

Im Erbgut von 137 Giraffen aus ganz Afrika wurden dazu jeweils 21 Abschnitte im Genom analysiert, um den Austausch von Genen untereinander nachzuvollziehen. Ergebnis: „Es gibt im Schnitt höchstens alle fünf Generationen eine Giraffe, deren Eltern aus zwei unterschiedlichen Arten stammen. Nur zwischen Nord- und Netzgiraffen geschieht das etwas häufiger, aber immer noch seltener als einmal pro Generation in der gesamten Population“, erklärt Sven Winter, Senckenberg Biodiversität und Klima Zentrum.

Die Anzahl an Hybriden pro Generation ist entscheidend: Gibt es mehr als einen Hybriden (Mischling) pro Generation, so geht die Wissenschaft von einer Art aus, die sich nur in verschiedene Populationen aufgespalten hat. Grundlage dazu ist das biologische Artkonzept, das davon ausgeht, dass sich zwei unterschiedliche Arten nicht oder nur sehr selten miteinander paaren. „Die neue Studie bestärkt unsere Ergebnisse aus 2016. Die von uns identifizierten vier Giraffen-Arten sehen sich zwar ähnlich, aber sie sind genetisch getrennt wie Eis- und Braunbären. Auch das sind zwei Arten mit gelegentlichen Hybriden“, so Prof. Dr. Axel Janke, Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum, Leiter der Studie.

An der Entfernung scheitert die Paarung der vier Giraffen-Arten jedenfalls nicht. „Massai-, Netz- und Nord-Giraffe leben in Ostafrika in benachbarten Regionen und trotzdem paaren sie sich fast nie. Das ist ein weiterer Beleg dafür, dass es eigenständige Arten sind. Möglicherweise hängt die Fortpflanzung der Giraffen-Arten von der Regenzeit ab und deren Zeitpunkt unterscheidet sich je nach Lebensraum“, sagt Winter. Aufschluss über die daher äußerst seltenen Hybride soll nun eine weitere Studie geben, die das Team demnächst in Kooperation mit dem Kenya Wildlife Service durchführt.

Giraffen werden immer noch als nur eine einzige Art von der Weltnatur-schutzorganisation IUCN anerkannt. Angesichts der dadurch relativ großen Anzahl an Individuen haben sie auf der Roten Liste nur den Status „Gefährdet“ – die unterste Gefährdungskategorie. Doch die Anzahl an Individuen der vier Einzel-Arten, insbesondere der Nord-Giraffe, ist viel besorgniserregender. „Unsere neue Studie ist ein weiterer Beleg dafür, dass es insgesamt vier Giraffenarten gibt. Wünschenswert wäre, dass sich das in der Bewertung durch die Weltnaturschutzorganisation niederschlägt, damit jede Art angemessen geschützt werden kann“, resümiert Winter.

Publikation
Winter, S., Fennessy, J. and Janke, A.(2018): Limited introgression supports division of giraffe into four species. Ecology and Evolution. doi: 10.1002/ece3.4490

*Source: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

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