Schmucke Steine

Charakter­istische dunkelrot leuchtende Schmuck­steine zieren viele Tiroler Trachten, speziell im Zillertal. Der Abbau des Zillertaler Granats, ein begehrter Halbedelstein, ist bereits seit Mitte des 18. Jahrhunderts dokumentiert. Gert Goldenberg und Bianca Zerobin vom Institut für Archäologien arbeiten die Geschichte des begehrten Halbedelsteins im Zillertal auf.

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Die Gewinnung des roten „Almandins“ (= Granat-Varietät) in den Zillertaler Alpen sicherte das tägliche Brot der sogenannten „Granatklauber“, unter denen sich auch findige Geschäftsleute befanden. Andrä Kreidl und Josef Hofer zählten im 18. und 19. Jahrhundert zu den Granatpionieren im Zillertal. Für die historische Gewinnung des Halbedelsteins aus Glimmerschiefern interessiert sich heute Gert Goldenberg, Professor am Institut für Archäologien, der sich auf die Bergbauarchäologie und Georessourcennutzung im Alpinen Raum spezialisiert hat. Gemeinsam mit Bianca Zerobin und dem bekannten Zillertaler Mineraliensammler Walter Ungerank werden seit 2019 Geländebegehungen und eine Sichtung des umfangreichen historischen Quellenmaterials durchgeführt, um ein größeres interdisziplinäres Forschungsprojekt zum „Zillertaler Granat“ vorzubereiten. Mit Hammer und Meißel und später mit Schwarzpulver und Dynamit wurde der granatführende Glimmerschiefer aus dem Fels geschlagen oder gesprengt, oftmals in steilem, nur sehr schwer zugänglichem Gelände weit oberhalb der Baumgrenze. Noch heute zeugen die Fundamente von Granathütten an den mit eiszeitlichem Blockschutt übersäten Hängen sowie Mauerreste von Granatmühlen an Bachläufen vom regen Bergbaugeschehen im hinteren Zillertal. „Der Granat wurde aufgrund seiner Härte als Schleifmittel verwendet, bei guter Qualität war er als Schmuckstein sehr begehrt. Da es damals keine Edelsteinschleifereien in der Region gab, wurde Tiroler Granat nach Böhmen verkauft, häufig in getrommelter Form. Dort veränderte sich dann durch die Weiterverarbeitung zu geschliffenen Steinen nicht nur das Aussehen, sondern der Zillertaler Granat wurde im Handel zu Böhmischem Granat“, so Zerobin, die damit auf die große Problematik der Nachverfolgbarkeit des Zillertaler Granates bis zum Endabnehmer hinweist.

Familiengeschichte

Nachfahren des erfolgreichen Granatpioniers Josef Hofer leben noch heute im Zillertal. So hat sich die Familie Josef Brindlinger aus Zell am Ziller vorgenommen, die Familiengeschichte in Bezug auf das Granatgewerbe nicht nur aus privatem Interesse, sondern vor allem auch im Interesse der Region aufarbeiten zu lassen. Hierfür hat die Familie großzügige finanzielle Mittel für die Forschung zur Verfügung gestellt. Familie Josef Hofer aus Zell am Ziller hat ihrerseits in ihrem Besitz befindliche handschriftliche Dokumente und Rechnungsbücher aus dem 19. Jahrhundert bereitgestellt, die für die historische Aufarbeitung des Granatgewerbes von großer Bedeutung sind. „Der Abbau des Glimmerschiefers und die daraus gewonnenen Granate haben nicht nur die Geschichte der Familie, sondern auch die Geschichte des Zillertals geprägt und den Namen des Tals schon damals weit über die Grenzen bekannt gemacht“, so Goldenberg. Maßgeblich beteiligt an den Forschungen ist der engagierte Mineraliensammler Walter Ungerank, der das Archäologen-Team im Gelände begleitet und sein über Jahrzehnte zusammengetragenes Wissen sowie seine eigenen umfangreichen Funde der Wissenschaft zur Bearbeitung zur Verfügung stellt. „Wir wollen dazu beitragen, dass die spannende Geschichte rund um den Zillertaler Granat wieder zum Leben erweckt wird und nicht in Vergessenheit gerät. Geplant ist auch eine Ausstellung der gefundenen Artefakte und die Darstellung der gewonnenen Erkenntnisse in einem lokalen Museum“, erklärt Zerobin.

Im nächsten Schritt sollen nun auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Fachbereichen Geschichte, Mineralogie und Geographie an der Universität Innsbruck in die Forschungsarbeit eingebunden werden. Das ganze Projekt ist dem Forschungszentrum HiMAT zugeordnet, das sich schwerpunktmäßig mit der Bergbaugeschichte Tirols befasst. „Neben der mineralogisch-chemischen Charakterisierung der Zillertaler Granate, mit deren Hilfe wir versuchen wollen, den Handelsweg der Steine nachzuvollziehen, versprechen die historischen Dokumente eine Fülle an wertvollen Informationen zum Granatgeschäft. Auch die Infrastruktur der Granatgewinnung in den alpinen Hochlagen interessiert uns, insbesondere auch die Wegenetze der Granatler, die teilweise über das Eis geführt haben, als die Gletscher in der Mitte des 19. Jahrhunderts einen Hochstand erreicht hatten“, so Goldenberg. Der Abbau des granatführenden Glimmerschiefers im Zillertal und die weitere Verarbeitung zu begehrten Schmucksteinen hat die Geschichte des Tals und seiner Bevölkerung geprägt. Die für die kommenden Jahre geplanten Untersuchungen lassen spannende und vielschichtige Ergebnisse zur Kultur- und Wirtschaftsgeschichte rund um den Tiroler Halbedelstein erwarten.

*Source: Universität Innsbruck

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