Kasseler Wissenschaftler: Senkung der Umlage von Modernisierungskosten geht nach hinten los

Die Senkung der sogenannten Modernisierungsumlage im Mietrecht wird das Gegenteil des angestrebten Zwecks bewirken: Mieterhöhungen als Folge von Modernisierungen werden nicht niedriger ausfallen, sondern höher. Das sagt eine Studie voraus, die zwei Wissenschaftler der Universität Kassel jetzt vorgelegt haben.

Die von der Bundesregierung beabsichtigte Senkung der Umlage setze für die Vermieter Anreize, Kosten beispielsweise für energetische Sanierungen in die Höhe zu treiben – oder aber auf solche Modernisierungen gleich ganz zu verzichten. Das ist das Ergebnis der Studie, die von Prof. Dr. Georg von Wangenheim, Leiter des Fachgebiets Grundlagen des Rechts, Privatrecht und Ökonomik des Zivilrechts an der Universität Kassel, und Bastian Kossmann erstellt wurde. Vereinfacht ausgedrückt: Je geringer der Prozentsatz, den der Vermieter pro Monat umlegen darf, umso teurer muss er renovieren, damit sich eine Modernisierung für ihn lohnt. Die Studie fußt auf Berechnungen der beiden Juristen und Ökonomen. 

Bisher können jedes Jahr 11% der Kosten einer Modernisierung von Wohngebäuden auf die Miete umgelegt werden. Beispiel: Saniert ein Vermieter eine Wohnung und weist Kosten von 10.000 Euro nach, kann er 11% davon (also 1100 Euro) im Jahr zusätzlich zur Miete einfordern, im Monat also 91,67 Euro. Immer wieder führt das dazu, dass die Mieten so stark steigen, dass die Mieter sie sich nicht oder kaum noch leisten. Um diese Folgen abzumildern, haben die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag vereinbart, die Modernisierungskostenumlage von 11% auf 10% zu senken. Dabei ging es der Koalition auch darum, die Unterstützung der Mieter für die Energiewende zu erhöhen. 

Dabei wurde aber, so haben die beiden Kasseler Wirtschaftswissenschaftler jetzt festgestellt, ein rechnerischer Effekt dieser Form der Begrenzung von Mieterhöhungen übersehen: Die Modernisierungsumlage erlaubt es dem Vermieter, die Miete auch innerhalb des bestehenden Mietvertrags über die Vergleichsmiete hinaus zu erhöhen. Entscheidend ist, dass der Vermieter die Miete auf dem erhöhten Niveaus halten darf, bis die Vergleichsmiete aufholt – auch wenn die Kosten für die Sanierung längst reingeholt sind. Nun greife ein doppelter Effekt, erklärt von Wangenheim: Je höher die Modernisierungskosten sind, desto stärker kann der Vermieter die Miete erhöhen und desto länger kann er außerdem davon profitieren, dass die Miete höher ist als die Vergleichsmiete – siehe dazu auch Beispielrechnung unter https://www.uni-kassel.de/uni/fileadmin/datas/uni/presse/anhaenge/2015/Zahlenbeispiel.pdf.

„Dieser doppelte Effekt einer Steigerung der Modernisierungskosten bedeutet, dass ab einem bestimmten Umfang der Modernisierung die zusätzlichen Mieteinnahmen schneller steigen als die Kosten der Modernisierung. Gäbe es keine Begrenzung durch die Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit der aktuellen und möglicher künftiger Mieter, würde mit jeder Steigerung der Modernisierungskosten also der Gewinn des Vermieters steigen“, sagt der Jurist und Ökonom.

Werde nun die Umlagequote von 11% der Modernisierungskosten auf 10% gesenkt, so würde bei unverändertem Modernisierungsumfang die Mieterhöhung unterhalb dessen liegen, was am Markt durchsetzbar ist. „Damit ist es dem Vermieter wieder möglich, durch eine Ausweitung der Modernisierungskosten den Gewinn zu steigern“, so von Wangenheim. Von Wangenheim und Kossmann zeigen, dass die sich daraus ergebende Steigerung der Miete größer ist als die Senkung der Miete, die sich aus der Verkleinerung der Umlagequote ergibt. Im Ergebnis führe die Senkung der Umlagequote also dazu, dass die Mieten nach einer Modernisierung stärker steigen. 

Allerdings führe bei einigen Modernisierungen die Senkung der Umlagequote selbst unter Berücksichtigung der darauf folgenden Ausweitung der Modernisierungskosten dazu, dass sich die Modernisierung überhaupt nicht mehr lohne. „In diesen Fällen wird nicht einfach der Umfang der Modernisierung reduziert, sondern ganz von der Modernisierung abgesehen“, erwartet von Wangenheim.

„Die Senkung der Umlagequote führt also einerseits dazu, dass weniger Gebäude modernisiert werden, andererseits werden aber die Gebäude, die nach wie vor modernisiert werden, so viel teurer modernisiert, dass die Mieten stärker steigen. Beide Effekte widersprechen diametral den eigentlichen Zielen der Senkung der Umlagequote: die Mietsteigerungen sollten schwächer ausfallen, ohne dass Modernisierungen wesentlich zurückgedrängt werden.“

Die Studie ist Teil des Forschungsprojektes „EnWorKS“, einer vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten interdisziplinären Untersuchung der Energiewende im Wohnungsbau. Neben dem Fachgebiet von Prof. Wangenheim sind an diesem Projekt Prof. Dr. Martina Deckert (Fachgebiet Bürgerliches Recht, Gesellschafts- und Wettbewerbsrecht) und Prof. Dr. Anton Maas (Fachgebiet Bauphysik) beteiligt.  

Beispielrechnung unter: https://www.uni-kassel.de/uni/fileadmin/datas/uni/presse/anhaenge/2015/Zahlenbeispiel.pdf

Link zur Studie: https://www.uni-kassel.de/fb07/institute/iwr/personen-fachgebiete/deckert/enworks/veroeffentlichungen/missglueckter-mieterschutz.html 

Weitere Informationen zum Projekt: https://www.uni-kassel.de/go/enworks 

*Source: Universität Kassel

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