Krebspest: Senckenberg und Regierungspräsidien dem Killer auf den Fersen

Wissenschaftler des Senckenberg Forschungsinstituts in Gelnhausen und des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums (BiK-F) haben im Auftrag der Oberen Fischereibehörden der Regierungspräsidien Darmstadt, Gießen und Kassel ein neues Verfahren entwickelt, den in Fließgewässern gefürchteten Krebspesterreger (Aphanomyces astaci) in Wasserproben sicher nachzuweisen. Die kostengünstige und hochsensitive genetische Methode soll in Zukunft flächendeckend eingesetzt werden, um die Krebspest in heimischen Gewässern zu überwachen. Finanziell gefördert wurde das Projekt aus Mitteln der Fischereiabgabe, die das Land Hessen den Regierungspräsidien zur Verfügung stellt.

Für die in Deutschland heimischen Flusskrebse endet die Krebspest in der Regel tödlich. Die von amerikanischen Flusskrebsarten eingeschleppte Krankheit führt zum Rückgang bis hin zum Zusammenbruch ganzer Bestände europäischer Arten, wie beispielsweise dem Edelkrebs (Astacus astacus) oder dem Steinkrebs (Austropotamobius torrentium).

„Die Krebspest ist eine gravierende Seuche und eine der 100 gefährlichsten invasiven Arten weltweit“, erklärt Professor Dr. Marco Thines vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) und fügt hinzu: „Wir haben uns deshalb – gemeinsam mit Kollegen von den Oberen Fischereibehörden in Hessen – daran gesetzt ein neues Verfahren zu entwickeln, um den Krebspesterreger (Aphanomyces astaci) in Wasserproben sicher nachzuweisen.“

Bedroht durch die Krebspest: Der Steinkrebs (Austropotamobius torrentium). Image credit: © Christoph Leeb

Bedroht durch die Krebspest: Der Steinkrebs (Austropotamobius torrentium). Image credit: © Christoph Leeb

Invasive nordamerikanische Krebsarten wie  der Signalkrebs (Pacifastacus leniusculus) oder der Kamberkrebs (Orconectes limosus) sind versteckte Träger des Krebspesterregers. „Diesen eingewanderten Flusskrebsen macht der Erreger keine Schwierigkeiten. Doch einheimische Flusskrebse haben im Gegensatz zu den invasiven Arten keine ausreichende Immunabwehr gegen den Pilz entwickelt und sterben daran in kürzester Zeit“, erläutert Claudia Wittwer, Doktorandin am Senckenberg Forschungsinstitut in Gelnhausen.

Träger des Erregers setzen kontinuierlich die gefährlichen Krebspest- Sporen in das sie umgebende Wasser frei. Die Sporen finden ihre Wirte über bestimmte, bisher noch nicht identifizierte chemische Stoffe. Trifft eine Spore auf einen Flusskrebs, dringt sie in die Oberfläche des Organismus ein und der Pilz befällt das Gewebe. „Durch die zunehmende Ausbreitung von invasiven Flusskrebsarten in unseren Fließgewässersystemen sind die einheimischen Restbestände bundesweit gefährdet“, verdeutlicht Wittwer.

Invasive Krebsarten wie der Signalkrebs (Pacifastacus leniusculus) sind versteckte Träger des Krebspesterregers. Image credit: © Senckenberg/Tränkner

Invasive Krebsarten wie der Signalkrebs (Pacifastacus leniusculus) sind versteckte Träger des Krebspesterregers. Image credit: © Senckenberg/Tränkner

Das hessische Forscherteam hat nun eine neue Methode gefunden, um freigesetzte Krebspest-Sporen in Wasserproben eindeutig und schnell nachzuweisen. „Wir konnten durch Filtrierung über Glasfaserfilter die Sporen auffangen, die DNA im Labor extrahieren und diese dann auf das Vorhandensein spezifischer Sequenzmuster von Krebspest-Sporen absuchen“, erklärt Wittwer und freut sich: „Damit wurde nun erstmals in Deutschland eine innovative, auf „eDNA“ basierende Methode erfolgreich in der Praxis angewandt!“

„eDNA“ (environmental DNA) oder „Umwelt-DNA”- Fragmente sind, je nach herrschenden Umweltbedingungen, kürzere oder längere Teile der Erbsubstanz. Sie entsteht dadurch, dass Organismen in ihrem jeweiligen Lebensraum genetische Spuren, wie abgestorbene Hautzellen oder Ausscheidungen, hinterlassen. Diese kleinsten Spuren werden dann genutzt, um den Krebspesterreger im Wasser aufzuspüren.

„Der Nachweis der Krebspest über die eDNA-Methode ist eine deutliche Verbesserung zu dem bisherigen, auf Gewebeproben basierenden Nachweisverfahren“, meint Dr. Christian Köhler von der Oberen Fischereibehörde in Darmstadt und ergänzt: „ Sie ist viel schneller, so dass wir bei Krebspest-Ausbrüchen rasch Gegenmaßnahmen ergreifen können, beispielsweise die gezielte Entnahme infizierter Signalkrebse mittels Fangreusen oder das Belassen von Querbauwerken im Gewässer mit zusätzlichem Einbau von sogenannten Krebssperren.“

Der eingewanderte Kamberkrebs (Orconectes limosus) ist gegen die Krebspest immun, überträgt diese aber an heimische Arten. Image credit: © Senckenberg/Träger

Der eingewanderte Kamberkrebs (Orconectes limosus) ist gegen die Krebspest immun, überträgt diese aber an heimische Arten. Image credit: © Senckenberg/Träger

Nicht zuletzt aufgrund der hohen Sensitivität und der geringen Kosten wird die eDNA-Methodik in Zukunft bei Verdachtsfällen oder bei einem Massensterben von Flusskrebsen an einem Gewässersystem Verwendung finden. Aufgrund des großen Erfolgs des Pilotprojektes werden außerdem Überlegungen angestellt, die eDNA-Methode auf andere naturschutzrelevante Anwendungsgebiete  – von der Früherkennung invasiver Arten über den Nachweis von seltenen oder schwer nachweisbaren Organismen bis hin zur Untersuchung ganzer Artgemeinschaften – auszudehnen.

*Source: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

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