Fischlarven im Schichtbetrieb

Eine Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus erhöht bei Zebrafischlarven das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das zeigt eine aktuelle Studie von Forscherinnen und Forschern um Dr. Margit Egg von der Universität Innsbruck. Die Untersuchung könnte einen wichtigen Hinweis auf die Ursache vermehrter kardiovaskulärer Erkrankungen bei Arbeitnehmern in Schichtbetrieben liefern.

In Fabriken, Krankenhäusern und Verkehrsbetrieben verrichten Bedienstete ihre Arbeit zu sehr unterschiedlichen Zeiten. Sie haben einen zeitlich verschobenen Tagesablauf und wechseln immer wieder die Schicht. Nun haben Wissenschaftler um Dr. Margit Egg vom Institut für Zoologie der Universität Innsbruck in der Fachzeitschrift Chronobiology International eine Studie veröffentlicht, in der sie den Einfluss der inneren Uhr auf physiologische Parameter in Zebrafischlarven aufklären konnten. Störungen des zirkadianen Rhythmus verändern demnach bei den Larven die Anzahl und Qualität der roten Blutkörperchen deutlich und beeinflussen die Lebenserwartung der Tiere. Im vergangenen Jahr hatten die Innsbrucker Wissenschaftler bereits gezeigt, dass Sauerstoffmangel bei Zebrafischen die innere Uhr verstellen und umgekehrt Störungen der inneren Uhr die molekulare Reaktion auf Sauerstoffmangel verändern kann.

Dr. Margit Egg im Labor am Institut für Zoologie. Image credit: Universität Innsbruck

Dr. Margit Egg im Labor am Institut für Zoologie. Image credit: Universität Innsbruck

Neues Messprotokoll

Das Team um Margit Egg verwendet für die Simulation des veränderten Tag- und Nachtrhythmus ein neues Messprotokoll, das sich an der Schichtarbeit in Betrieben orientiert. Über sechs Tage werden die Zebrafische immer wieder mit stark verkürzten und verlängerten Tagphasen konfrontiert. Die gesamte Lichtmenge bleibt dabei unverändert. Mehrere Master- Studentinnen im Team der Innsbrucker Zoologin untersuchten nicht nur die Expression einzelner Gene, sondern auch die dadurch verursachten physiologischen Veränderungen in den Tieren. Im Fokus standen dabei die Anzahl der roten Blutkörperchen und krankhafte Veränderungen der Blutgefäße.

Überraschung im Labor

„Die Zebrafischlarven mit gestörtem Tagesablauf hatten deutlich mehr Erythrozyten im Blut, als die Kontrollgruppe“, erzählt Margit Egg vom überraschenden Ergebnis. „Und dies obwohl das für die Neubildung der Erythrozyten verantwortliche Gen epo unter diesen Bedingungen nicht hochgeregelt ist.“ Zunächst glaubten die Forscher an einen Messfehler und überprüften noch einmal alle Daten. Doch eine genauere Untersuchung lieferte eine andere Erklärung für den überraschenden Befund: Die Tiere mit gestörtem Schlaf-Wach-Rhythmus produzieren kaum noch neue Erythrozyten, haben aber noch sehr viele alte im Blut. „Die Störung der inneren Uhr unterbindet offenbar die Ausmusterung der alten Zellen“, sagt Egg. Mit fatalen Folgen für die Gesundheit der Tiere: Die alten Blutkörperchen transportieren nur noch wenig Sauerstoff, verklumpen leicht und bleiben an den Wänden der Blutgefäße haften. Die Tiere weisen auch eine erhöhte Sterblichkeit gegenüber der Kontrollgruppe auf: „Die Überlebensrate sinkt um 30 Prozent“, sagt Dr. Egg. Werden die Zebrafischlarven gleichzeitig Sauerstoffmangel ausgesetzt, verringert sich die Sterblichkeit um fast die Hälfte. „Durch den Mangel an Sauerstoff wird das epo-Gen aktiviert und die Larven produzieren vermehrt neue Erythrozyten“, erklärt Margit Egg. „Das scheint ihre Überlebenschancen zu verbessern.“

Einfache Therapie

„Diese Ergebnisse sind nicht direkt auf den Menschen übertragbar“, betont die Zoologin Margit Egg. „Es wäre aber lohnenswert, Menschen im Schichtbetrieb in dieser Hinsicht zu untersuchen.“ Denn bis heute gibt es keine wissenschaftliche Erklärung dafür, dass Schichtarbeiter ein um 30 Prozent erhöhte Risiko für Herzkreislauferkrankungen haben. Liegt diesem Umstand tatsächlich eine ähnliche Ursache wie bei den Zebrafischlarven zugrunde, dann gäbe es ein einfaches Heilmittel: „Schichtarbeiter müssten nur regelmäßig Blutspenden gehen, um das Herzkreislaufsystem vor diesen negativen Effekten des gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus zu schützen“, sagt Margit Egg.

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*Source: Universität Innsbruck

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