Pulverschnee und Windböen – eine gefährliche Kombination

Eine scharfe Luftmassengrenze, die sich von Ostfriesland über die
Mitte Deutschlands bis zum Bayerischen Wald erstreckte, trennte in
den letzten Tagen frostige aber meist auch trockene Festlandsluft
sibirischen Ursprungs im Nordosten und milde maritime Luft im
Südwesten. Dabei sank das Thermometer in Teilen Vorpommerns und
Brandenburgs nachts bis auf -20 Grad, während es am Rhein bei bis zu
+5 Grad frostfrei blieb.

Seit Freitag verlagern sich wiederholt Tiefausläufer von Westen nach
Deutschland hinein, wo diese jedoch quasi stationär wurden und sich
abschwächten. Niederschläge traten somit meist nur im Grenzbereich
der Luftmassen oder westlich davon auf. Dabei konnte sich bis heute
Sonntagmorgen von Norderney über Nordhessen bis nach Bayern bis in
tiefe Lagen eine Schneedecke ausbilden. Verbreitet wurden im Tiefland
2 bis 15, in höheren Lagen auch bis 20 cm Schnee gemessen. Weiter
westlich hatte die weiße Pracht jedoch nur in höheren Lagen eine
Überlebenschance. Zumindest dort müssen sich Winterfreunde noch
weiter gedulden. Größere Schneehöhen findet man mit bis zu 50 cm nur
noch in den Alpen (Zugspitze ~175 cm) sowie in den Hochlagen von
Schwarzwald und Bayerischen Wald.

Der Niederschlag war allerdings in den letzten Tagen nicht das
einzige Wetterphänomen, welches Deutschland im Griff hatte. Mit
Durchzug der Tiefausläufer nahm vor allem gestern auch der Wind
deutlich zu. Insbesondere im Bergland traten starke, teils auch
stürmische Böen mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 80 km/h auf. Der
Weinbiet und der Feldberg im Schwarzwald meldeten sogar schwere
Sturmböen bis 101 km/h. Die Kombination mit dem leichten bis mäßigen
Schneefall führte dann zu teils starken Schneeverwehungen. Der
Wetterdienst warnte dieses, doch sehr tückische Phänomen frühzeitig
ab.

Aber wieso sollte bzw. muss vor Schneeverwehungen überhaupt gewarnt
werden. Noch dazu, wenn die Spitzenwindgeschwindigkeiten teils nur im
stark böigen Bereich (6 bis 7 Bft) liegen?

Schon Böen der Stärke 6 und 7 Bft können den Schnee in großem Maße
verfrachten. Dadurch kann es zu erheblichen Sichtverschlechterungen
kommen. Des Weiteren kann der Wind den Schnee gegen Hindernisse
pressen oder sich exponiert ablagern. Dies führt zu Schneeanhäufungen
mit teils beträchtlichen Höhen und erstaunlicher fester Kompaktheit.
Beide Phänomene können im Straßen- und Schienenverkehr für erhebliche
Behinderungen sorgen. Zudem besteht die Gefahr, dass z.B. Berghütten
durch den Schnee “verschlossen” werden oder es zu Schneebruch im
Waldbestand kommt, da die Bäume die Schneelast nicht mehr tragen
können. Bei Böen größer Bft 8 nimmt dies dann sogar unwetterartigen
Charakter an.

Eine Weitere gefährliche Art von Schneeverwehung ist die Wechte. Sie
ist besonders tückisch, selbst für erfahrene Bergsteiger und
Tourengeher. Die Wechte ist ein Konstrukt aus verfrachtetem und
zusammengepresstem Schnee mit extremer Festigkeit. So werden
beispielsweise Berggrate durch die Wechte miteinander verbunden. Die
dünnste Stelle, die sogenannte Sollbruchstelle oder auch Wechtenspalt
genannt, stellt dabei die größte Gefahr dar. Aber nicht nur solche
Verbindungen können gefährlich sein. Die Wechten ragen teils deutlich
über die darunter liegende Felsbasis heraus.

Anhand dieser vorgestellten verschiedenen Stärken und Varianten von
Schneeverwehungen erkennt man, dass die Wetterverhältnisse regional
sehr problematisch und unterschiedlich stark ausgeprägt sein können.
Aus diesem Grund muss für jede Region individuell vor der jeweiligen
Erscheinung und Ausgeprägtheit der Verwehung gewarnt werden.

Auch die kommende Nacht zu Montag wird wettertechnisch interessant.
Wiederholt zieht von Westen ein Tiefausläufer nach Deutschland und
bringt mäßige, teils auch starke Niederschläge mit sich. Anfangs
fallen die Niederschläge bis in tiefe Lagen als Schnee oder
Schneeregen, später aber bis in mittlere, ganz im Westen auch in
höheren Lagen als Regen. Da auch der Wind insbesondere in den höheren
Lagen wieder auflebt und gebietsweise stürmischen Charakter annimmt,
erwarten die “Warnmeteorologen” Schneeverwehungen, die im
Rothaargebirge und dem Schwarzwald auch im Unwetterbereich liegen
können.

Da heißt es wohl nur: Vorsicht ist geboten!

M.Sc.-Met. Anna Wieczorek, Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.01.2014

*Source: Deutscher Wetterdienst

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