RWE auf AKW-Risikokurs: AKW Gundremmingen verstößt gegen Sicherheitsvorschriften

Das Atomkraftwerk Gundremmingen in Bayern weist nach einer Studie des ehemaligen Leiters der deutschen Atomaufsicht, Professor Wolfgang Renneberg, gravierende Sicherheitsmängel auf. Dennoch hat der AKW-Betreiber RWE eine Leistungsausweitung der beiden Siedewasserreaktoren beantragt, über deren Genehmigung in den kommenden zwei Wochen entschieden werden könnte.

Wolfgang Renneberg, Professor am Institut für Sicherheits- und Risikowissenschaften der Universität für Bodenkultur Wien, listet mit großer Detailkenntnis Probleme beim Reaktor und bei dem Genehmigungsverfahren zur Leistungserhöhung auf. Besonders bedenklich: Das AKW Gundremmingen hat nicht die von den kerntechnischen Sicherheitsregeln geforderten ausreichenden Notkühlsysteme. Auch ist die Atomanlage nicht gegen den Absturz heutiger großer Verkehrsflugzeuge ausgelegt. Schon der jetzige Betrieb verstößt erheblich gegen kerntechnische Sicherheitsvorschriften. Die Leistungsausweitung kann nach geltenden Vorschriften nicht genehmigt werden.

Der Atomkonzern RWE hat nichts aus dem Nukleardesaster in Fukushima gelernt und will ein altes Atomprojekt aus dem Jahre 1999 umsetzen. Fakt ist: Die Leistungserhöhung eines alten Atomreaktors ist ein grundlegender Eingriff in die Altanlage. Dies gilt speziell dann, wenn die thermische Leistung, also das atomare Feuer erhöht werden soll. Es birgt daher auch ein Gefahrenpotential. In der komplexen Anlage werden Auswirkungen und mittelbare Effekte oft nicht überblickt. Ein Beispiel hierfür ist die frühere Leistungserhöhung des Siedewasserreaktors Krümmel.

Greenpeace-Protest am AKW Gundremmingen. Image copyright (c) T. Einberger/Greenpeace

Greenpeace-Protest am AKW Gundremmingen. Image copyright (c) T. Einberger/Greenpeace

Nach der Leistungserhöhung im Jahr 2006, die in einem komplexen Zusammenspiel viele Komponenten des Kraftwerks stärker belastete, wurde 2007 im Maschinentrafo AT01 ein Kurzschluss mit gewaltigem Brand ausgelöst. Der Reaktor stand fast zwei Jahre still und wurde umfangreich geprüft. Trotzdem gab es nach dem Wiederhochfahren schon nach wenigen Betriebsstunden unter Volllast auch im zweiten Maschinentrafo AT02 einen Kurzschluss und Ölaustritt. Es ereignete sich praktisch der gleiche Zwischenfall, allerdings ohne einen Brand wie beim ersten Mal. Anschließend ging der Reaktor nie mehr ans Netz, der Betreiber hatte die Komplexität bei Änderungen von Altanlagen unterschätzt.

Diese Auswirkungen der Leistungsänderungen auf betroffene Anlagenteile werden derzeit beim AKW Gundremmingen nicht nach dem Stand von Wissenschaft und Technik bewertet. Bei dem Antrag auf Leistungserhöhung wurde beim Prüfungsmaßstab und Prüfungsumfang so sehr gespart, dass es nach der Auflistung von Prof. Renneberg nicht genehmigungsfähig ist. Mehr noch, es zeigt sich, dass beim derzeitigen Zustand der Anlage auch aktuell Störfälle möglicherweise nicht beherrschbar sind.

Renneberg listet folgende gravierende Unsicherheiten im AKW auf:

  • Mängel an der Bodenschweißnaht des Reaktordruckbehälters,
  • Qualitätskriterien beim Not- und Nachkühlsystem,
  • Hochwasser durch Dammbruch an einer Staustufe,

Erdbebenauslegung,

  • Mängel bei Brennelementelagerbecken,
  • Schutz vor Wasserstoffexplosionen, wie sie sich im AKW Fukushima Daiichi abgespielt haben.

Viele Fragen bleiben offen, auch die, ob es durch den Antrag auf Leistungserhöhung zu einer schnelleren endgültigen Stilllegung der gefährlichen Atomanlage kommen könnte.

– veröffentlicht von Sigrid Totz

*Source: Greenpeace.de

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