„Keiner weiß, was in den nächsten Monaten in Fukushima passieren wird“

Rund zweieinhalb Jahre nach Fukushima erreicht die Strahlenbelastung immer wieder neue Höchstwerte, und immer wieder hört man von Pannen am havarierten Atomkraftwerk. Wie sieht die Energiechefin Masako Konishi vom WWF Japan die Lage?

WWF Deutschland: Wie ist die aktuelle Situation vor Ort? Sind Sie besorgt?

Masako Konishi: Ich wäre gerne hoffnungsvoll, bin aber sehr besorgt. Die Taifun-Saison beginnt, das bedeutet Regen und Stürme. Kontaminiertes Wasser fließt jetzt schon in den Boden und in den Pazifik. Die Fischer in der Region wollten gerade ihre Arbeit wieder aufnehmen. Aber nach den neuesten Nachrichten über radioaktiv kontaminiertes Wasser, das aus Lecks in den Kühlwassertanks ins Meer strömt, wird das wohl auf Dauer nicht gehen. Diese Tanks stehen überall in Fukushima, es sind mehr als tausend – es gibt noch keine Lösung, was mit diesen Hundertausenden Tonnen radioaktiv verseuchten Wassers passieren soll. Es gibt so viele Probleme, die noch nicht gelöst sind. Der Premierminister sagt, wir hätten alles unter Kontrolle. Aber das sagt er auch nur, weil wir den Zuschlag für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio bekommen haben. Keiner weiß, was in den nächsten Monaten passieren wird.

Manche denken, dass uns die große Katastrophe noch bevorsteht. Was denken Sie?

Masako Konishi, Leiterin der Projekte Klimawandel und Energie beim WWF Japan. Image credit:© WWF Japan

Masako Konishi, Leiterin der Projekte Klimawandel und Energie beim WWF Japan. Image credit:© WWF Japan

So wie keiner ahnte, dass so eine Katastrophe wie im März 2011 passieren würde, ahnte auch keiner, was für Probleme mit dem verstrahlten Wasser für die Kühlung der geschmolzenen Brennstäbe entstehen würden. Ich kann nicht ausschließen, dass das Schlimmste noch kommt. Wir Japaner müssen auf das Beste hoffen. Eines ist für mich klar: Die Leute, die in der Nähe von Fukushima gelebt haben, werden für eine sehr, sehr lange Zeit nicht dorthin zurückkehren können. 

Wie ist die Stimmung in der japanischen Bevölkerung?

Sehr misstrauisch, sowohl gegenüber der Regierung als auch gegenüber der Betreibergesellschaft Tepco. Man kann dem, was öffentlich gesagt wird, nicht trauen. Die Regierung will die Energiediskussion vorantreiben und setzt weiter auf die Atomenergie, die öffentliche Meinung ist dagegen. Ich glaube, es ist absolut unmöglich in Japan neue Atomkraftwerke wie geplant zu bauen. Wir müssen aus der Atomkraft aussteigen.

Masako Konishi ist Leiterin der Projekte Klimawandel und Energie beim WWF Japan.  

– von Oliver Samson

*Source: WWF.de

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